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Vorlage - 93/2016  

 
 
Betreff: Änderung der Richtlinien "Förderung in der Kindertagespflege"
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage - öffentlich
Federführend:Dez. 05 - Jugend, Bildung und Soziales   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
21.09.2016 
Jugendhilfeausschuss (offen)   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Richtlinie  
Gegenüberstellung  

Der Jugendhilfeausschuss beschließt die geänderten Richtlinien über die Förderung von Kindern in der Kindertagespflege gemäß § 23 SGB VIII rückwirkend ab 1. August 2016. Die Verwaltung wird beauftragt, die Richtlinien umzusetzen.

 


III. Zusammenfassung

 

Durch das Kinderförderungsgesetz (KiföG) soll ein quantitativer und qualitativer Ausbau der Betreuungsangebote insbesondere für unter 3-jährige Kinder erreicht werden. Die Richtlinien des Kreisjugendamtes wurden daher zum 01.01.2014 angepasst. Eine Pauschalzahlung hat die bis dahin geltende Spitzabrechnung der geleisteten Förderstunden abgelöst.

 

Zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 09. Juni 2016 wurde darüber informiert, dass es seitens der Kindertagespflegepersonen weitere Änderungs- und Ergänzungswünsche gibt. Die Verwaltung wurde mit der Weiterentwicklung des Konzepts und der entsprechenden Überarbeitung der Richtlinien zum Kindergartenjahr 2016/2017 beauftragt.

 

Mit dieser Änderung der Richtlinien wird der Alterszuschlag von 0,50 EUR/Stunde für kleine Kinder auch auf die zweijährigen Kinder – analog der neuen Elternbeitragstabelle - erweitert. Ein Vertretungssystem für nicht vorhersehbare Ausfallzeiten wurde in die Richtlinien aufgenommen. Für dieses Jahr wird mit Mehrkosten von 50.000 EUR und für die Folgejahre mit knapp 200.000 EUR gerechnet, welche durch Mehreinnahmen bei den Elternbeiträgen für Kindertageseinrichtungen kompensiert werden sollen. Nachdem die Stadt Soest ihre Richtlinien bereits verabschiedet hat, wurde diese Richtlinie mit der Stadt Lippstadt besprochen.

 


IV. Sachdarstellung

 

Die Kindertagespflege ist neben der Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) und dem Kinderbildungsgesetz (KiBiz) ein Betreuungsangebot, das den Bildungsauftrag gleichermaßen erfassen soll.

Der öffentliche Träger der Jugendhilfe kann den Rechtsanspruch sicherstellen durch ein Angebot in der Kindertagespflege und in der Kindertageseinrichtung bei unter dreijährigen Kindern.

 

Im Rahmen der Bedarfsplanung zur Kindertagesbetreuung hat der Jugendhilfeausschuss des Kreises Soest seit 2009 (Umsetzung des KiBiZ und KiföG) jährlich beschlossen, dass für 30 % der Kinder im Alter unter 3 Jahren über die Kindertagespflege der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz sichergestellt werden soll.

 

Infolgedessen wurde der Ausbau der Kindertagespflege vorangetrieben. U3-Ausbaumittel des Bundes und des Landes sowie intensive Werbung und Beratung interessierter Kindertagespflegepersonen werden genutzt, um das Angebot in der Kindertagespflege sukzessive auszubauen. Im Ergebnis steigerten sich die Fallzahlen wie folgt:

 

 

(bis 2013 Stand Dezember des Jahres, ab 2014 Mittelwert aus den Fallzahlen Juni und Dezember)

 

 

Festzustellen ist, dass die finanzielle Förderung durch das Land für Plätze in der Kindertagespflege deutlich geringer ausfällt als in der institutionellen Kindertagesbetreuung. So beträgt die jährliche Landesmittelförderung nach KiBiz für einen Platz in der Tagespflege aktuell 781 Euro und die Landesförderung eines vergleichbaren Platzes in einer Kindertageseinrichtung ca. 4.600 Euro.

 

Bereits zum 1. Januar 2014 wurden die Richtlinien über die Förderung von Kindern in der Kindertagespflege des Kreisjugendamtes Soest gemäß § 23 SGB VIII dem intensiven Ausbau angepasst und so gefasst, dass die Kindertagespflegepersonen finanziell deutlich besser gestellt wurden. Die bis dato geltende Spitzabrechnung durch ausschließliche Finanzierung der tatsächlich geleisteten Betreuungsstunden wurde durch ein Pauschalierungssystem abgelöst, um den selbstständig tätigen Kindertagespflegepersonen eine gesicherte Finanzierung durch eine verlässliche Monatspauschale zu gewähren.

 

Ausfallzeiten durch ein Fehlen des Kindes gehen nun nicht mehr zu Lasten der finanziellen Förderung der Tagespflegeperson. Dieses System hat sich bewährt und ist für die Kindertagespflegepersonen ein gesichertes Einkommen.

Beispiel: Im Jahr 2013 wurde für ein Kind im Rahmen einer 35-Stunden-Betreuung ein Gesamtbetrag in Höhe von 5.328 Euro an die Tagesmutter ausgezahlt (nur für tatsächlich geleistete Stunden, Fehlzeiten gingen zu Lasten der Tagespflegeperson). Im Jahr 2014 wurde für das gleiche Kind und den gleichen Betreuungsumfang über das Pauschalsystem ein Gesamtbetrag in Höhe von 8.040 Euro geleistet. Maßgeblich wirken sich hier die Fehlzeiten des Kindes durch Krankheit oder Urlaub aus. Diese Risiken werden durch das Pauschalsystem reduziert und dies gibt den Tagespflegepersonen deutlich höhere Planungssicherheit in ihrer Selbstständigkeit.

 

 

 

 

 

 

Die Kosten haben sich in den letzten Jahren wie folgt entwickelt:

 

 

 

Zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 9. Juni 2016 wurde darüber informiert, dass es seitens der Kindertagespflegepersonen Änderungs- und Ergänzungswünsche gibt. Diese Anmerkungen wurden inhaltlich geprüft. Am 22.08.2016 hat ein weiteres Gespräch mit den Kindertagespflegepersonen stattgefunden. In diesem Gespräch wurde seitens der Verwaltung erläutert, welche Prüfungen erfolgt sind und was aus Verwaltungssicht an Änderungen für umsetzbar erachtet werden. Diese münden in den nunmehr vorliegenden Regelungen. Maßgeblich hierbei sind:

 

 

  1. Pauschale für Kinder im Alter von 2 – 3 Jahren

 

 

Für die Betreuung von Kindern im Alter bis 3 Jahre werden über das KiBiz höhere Kindpauschalen als für die 3-6jährigen Kinder gewährt. Eine Ausnahme bilden die Kinder, die im August, September und Oktober das dritte Lebensjahr vollenden. Diese Kinder zählen bereits ab 1. August als dreijährig.

 

Analog hierzu und der neuen Elternbeitragstabelle entsprechend soll nun die Grenze für die höhere Stundenpauschale von 2 auf 3 Jahre angehoben werden. Hieraus folgt, dass ab 1. August 2016 für Kinder im Alter von 2 – 3 Jahren 0,50 € mehr pro Betreuungsstunde geleistet werden. Dies entspricht auch den neuen Regelungen aus den Elternbeitragsstaffeln, die ebenfalls ab 1. August 2016 gelten. Die Ausnahme für die Kinder, die im August, September und Oktober 3 Jahre alt werden, gilt entsprechend.

 

Die finanziellen Auswirkungen dieser neuen Regelungen betragen für 2016 25.000 Euro und ab 2017 voraussichtlich 80.000 Euro jährlich.

 

 

  1. Vertretung bei Ausfallzeiten der Kindertagespflegeperson

 

Der öffentliche Jugendhilfeträger hat gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII die Pflicht, für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das zu betreuende Kind zur Verfügung zu stellen.

 

Grundsätzlich sind vorhersehbare Ausfallzeiten der Tagespflegepersonen so abzusprechen, dass den Kindern vertraute Tagespflegepersonen tätig werden können. Für unvorhersehbare Ereignisse, ist nun vorgesehen, für alle 11 Kommunen im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Soest bei bereits tägigen Tagespflegepersonen Bereitschaftsplätze vorzusehen.

 

Hierzu sollen alle Tagespflegepersonen angesprochen werden, die bislang noch nicht die max. Belegungszahl mit 5 Kindern erreicht haben. Pro Bereitschaftsplatz wird eine Pauschalleistung in Höhe von 75 Euro im Monat gewährt. Sofern eine Tagespflegeperson unvorhergesehen aus wichtigem Grund ausfällt (bspw. Krankheit), können die zu betreuenden Kinder die Bereitschaftsplätze nutzen.

Die fachliche Umsetzung der Ausfallregelung wie die Sozialraumorientierung wird über die Fachberatung des öffentlichen Trägers implementiert.

 

Die Tagespflegepersonen, die die Bereitschaftsplätze vorhalten, sind verpflichtet ein Mal im Quartal ein Treffen im Sozialraum wahrzunehmen. Sie müssen zudem regelmäßig Kontakt zu den Kindern herstellen, die möglicherweise im Vertretungsfall bei ihnen betreut werden. Es soll erreicht werden, dass die Kinder und ihre Eltern die Tagespflegeperson kennen.

 

Insgesamt sind bis zu 80 Bereitschaftsplätze für das Kreisjugendamt Soest erforderlich, davon mindestens 5 pro Kommune. In den größeren Städten Erwitte, Geseke und insbesondere Werl werden mehr Plätze eingeplant, um der dort höheren Kinderzahl Rechnung zu tragen. Der finanzielle Aufwand läge im Jahr 2016 bei 20.000 Euro und ab 2017 bei jährlich 72.000 Euro, ca. 6.000 Euro pro Monat.  Hinzu kommt die Vergütung für die spitz abzurechnenden tatsächlichen Betreuungsstunden.

 

 

  1. Stundenbuchungen

 

Im Bereich der Kindertagespflege wird der notwendige Bedarf an Betreuungsstunden individuell pro Familie, pro Kind ermittelt. Zugrunde gelegt werden die Arbeitszeiten zzgl. Fahrtzeiten. Hintergrund für diese Praxis ist ein Gutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) aus 2013, dessen Erstellung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) gefördert wurde.

 

Die Elternbeitragstabelle weist eine Einteilung von 4 verschiedenen Stundenbuchungen aus (bis zu 15 Stunden, bis zu 25 Stunden, bis zu 35 Stunden und bis zu 45 Stunden). Hierzu wünschen sich die Kindertagespflegepersonen die Regelung, dass genau diese Maximalstunden beantragt und bewilligt werden.

 

Die Differenz zwischen den bewilligten Stunden und der maximal möglichen Buchung in der bestehenden Stundenzuordnung nach der Elternbeitragstabelle haben wir zum Stichtag 01.03.2015 und 01.03.2016 ermittelt. In 75% der Fälle wurde die maximale Stundenbuchung gewährt. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation des Kreises und der Kommunen erscheint verwaltungsseitig eine freiwillige Ausgabe von rund 100.000 EUR aus der Jugendamtsumlage jährlich nicht zumutbar. Im Rechtsgutachten des DIJuF wird als bedarfsunabhängiger Grundanspruch eine tägliche Mindestförderung von mindestens 4 Stunden von Montag bis Freitag genannt. Der Jugendhilfeausschuss hat 25 Stunden pro Woche als bedarfsgerecht festgelegt. Das KiföG fordert bei einer vom bedarfsunabhängigen Grundanspruch abweichenden Betreuungszeit die Geltendmachung eines individuellen Bedarfs. Rein persönliche Interessen der Erziehungsberechtigten (z B. Ausgehen oder andere Freizeitaktivitäten, Erledigung von Einkäufen oder Haushalt) müssen dagegen nicht als den Regelanspruch erweiternden Bedarf anerkannt werden (Ziff. 30 DIJuF-Gutachten). Die Verwaltung schlägt daher vor, die bisherige Praxis beizubehalten.

 

Außerdem wird von den Kindertagespflegepersonen eine Kernbetreuungszeit für erforderlich gehalten, so dass grundsätzlich alle Kinder an besonderen Angeboten zu ausgewählten Anlässen teilnehmen können. Im Gegensatz zu Plätzen in der Kindertageseinrichtung kann in der Kindertagespflege ein Platz geteilt werden, so dass zum Beispiel ein Kind vormittags, das andere Kind nachmittags betreut wird.

Gemeinsame Aktivitäten und Veranstaltungen liegen in der Verantwortung der Eltern. Tagespflege beruht in der Förderung auf dem festgestellten individuellen Bedarf.

 

Die Gewährung der erforderlichen, den Rechtsanspruch erfüllenden Stunden, wurde mit der Stadt Lippstadt am 23.08.2016 besprochen. Nach den Richtlinien der Stadt Lippstadt ist derzeit der Rechtsanspruch bereits mit der Gewährung von 20 Stunden erfüllt. Auch in Zukunft soll dort der Förderanspruch individuell ermittelt werden.

 

Die Kindertagespflegepersonen äußerten in dem Gespräch am 22.08.2016, dass die Tagespflege nicht als gleichwertiges Betreuungsangebot angesehen und behandelt wird. Den Tagespflegepersonen wurde zugesagt zu prüfen, ob und inwieweit die Eltern den Bedarf zukünftig direkt beim Kreisjugendamt anmelden.

 

 

Weitere Entwicklungen

 

Die Qualifikation von Kindertagespflegepersonen wird aktuell für das Kreisjugendamt Soest nach dem Curriculum des Bundesverbandes für Kindertagespflege im Rahmen von 160 Unterrichtseinheiten durchgeführt. Nach Abschluss der Qualifizierung erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Zertifikat „Qualifizierte Kindertagespflegeperson“, welches bundesweit Gültigkeit hat.

Ergänzend wurde mittlerweile vom Deutschen Jugendinstitut das „Kompetenzorientierte Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege“ entwickelt, welches zukünftig für die Qualifikation zur Kindertagespflegeperson zugrunde zu legen ist. Zum Erwerb und Erhalt des Zertifikats sind sodann 300 Unterrichtseinheiten zu leisten, davon 160 tätigkeitsvorbereitend und 140 tätigkeitsbegleitend. Entsprechende Anschlussqualifizierungen für die mit 160 Stunden qualifizierten Tagespflegepersonen sollen angeboten werden, um den neuen Anforderungen zu genügen. Die Qualifizierung erfolgt in Kooperation mit den Jugendämtern im Kreisgebiet. Abstimmungen sind zu tätigen.

 

Die Änderung der Richtlinien soll rückwirkend zum 01.08.2016 erfolgen. Ein Entwurf der neuen Richtlinien (Anlage 1) und eine Gegenüberstellung (Anlage 2) sind beigefügt.